Am Ende machte eine einzige Gelbe Karte den Unterschied: Weil Dänemark in der Fair-Play-Wertung der Uefa vor den Slowenen steht, spielt Deutschland bei der Fußball-EM am Samstag um 21 Uhr gegen seinen nördlichen Nachbarn, so eng war die Entscheidung in der Dänen-Gruppe C.
Eigentlich ist die Bilanz der Nationalmannschaft gegen das Land ausgesprochen gut. In bisher 28 Spielen gab es 15 Siege und acht Niederlagen. Hier eine Übersicht über besonders denkwürdige Duelle zwischen Deutschland und Dänemark.
1937: Ein hoher Sieg unter dunklen Vorzeichen
Das deutlichste Ergebnis im Duell der beiden Länder ist ein deutlicher Sieg der deutschen Nationalmannschaft. »Eins und zwei und drei und vier und fünf und sechs und sieben und acht!«, schrieb der Reporter des Fachblatts »Fußball« im Anschluss an das 8:0 am 16. Mai 1937 im Hermann-Göring-Stadion in Breslau. Dänemark galt damals eigentlich als starker Gegner – und Deutschland nach dem begeisterndem Match als Mitfavorit für die bevorstehende Weltmeisterschaft im Jahr darauf.
Daraus wurde jedoch nichts. 1938, nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, trat ein Team an, gespickt mit Fußballgrößen der beiden Länder – und schied gleich in der ersten Runde nach einer Niederlage gegen die Schweiz aus. Die Behauptung, dass Sport unpolitisch sei, hat noch nie gestimmt – aber so deutlich wie damals war selten eine Fußballmannschaft in ein Expansionsprojekt eingebunden.
Es dauerte bis 1954, ehe Deutschland wieder an einer Fußball-WM teilnehmen durfte. Aus dem Hermann-Göring-Stadion in Breslau wurde später das Olympiastadion im polnischen Wrocław (in dem nie Olympische Spiele stattfanden).
1986: Ein Team stolpert ins Finale
Man mag es kaum glauben, aber es dauerte bis 1986, ehe sich Deutschland und Dänemark erstmals in einem Pflichtspiel gegenüberstanden. Bei der WM in Mexiko eierte das Beckenbauer-Team durch die Gruppenphase, einem mühsamen Unentschieden gegen Uruguay folgte ein knapper Sieg gegen Schottland. WM-Debütant Dänemark hingegen brillierte streckenweise, schlug Schottland 1:0, Uruguay gar 6:1.
Weil die Spiele in Europa am Abend zu sehen sein sollten, ließ die Fifa in der mexikanischen Mittagsh*tze spielen. Im Ofen von Querétaro erwies sich Dänemark als zu schnell, flink und wendig für die deutsche Elf und gewann durch Tore von Jesper Olsen und John Eriksen 2:0. Doch im Achtelfinale kam das Team von Trainer Sepp Piontek mit 1:5 gegen Spanien unter die Räder. Deutschland hingegen grätschte sich bis ins Finale, das 2:3 gegen Argentinien verloren ging.
1988: Eine klare Sache
Zwei Jahre später kam es zur Revanche: Bei der EM im eigenen Land spielte Deutschland eine starke Gruppenphase, für Dänemark war hingegen nach drei Niederlagen und 2:7 Toren nach drei Spielen Schluss. Für Deutschland trafen beim 2:0 Jürgen Klinsmann und Olaf Thon.
Während zahlreiche dänische Spieler bei dem Turnier schon den Zenit ihrer Laufbahn überschritten hatten, stand dieser vielen Deutschen noch bevor: 1990 wurden Matthäus, Littbarski, Kohler und Co. in Italien Weltmeister. 1988 allerdings war schon gegen die Niederlande im Halbfinale Endstation.
1992: Die Freizeittruppe
Kaum ein Auftritt einer Nationalmannschaft ist so legendär wie jener der Dänen bei der Europameisterschaft 1992: Eigentlich schon in der Qualifikation gescheitert, durfte das Team nur deshalb mitspielen, weil Jugoslawien wegen des Bürgerkriegs kurzfristig ausgeschlossen wurde. Der Legende nach erfuhr Coach Richard Möller-Nielsen von der Entscheidung im Radio, als er im Begriff war, seine Küche zu renovieren.
Ihr Außenseiterimage pflegte die dänische Mannschaft während des Turniers gewissenhaft. Bis heute gibt es die gern erzählte Geschichte von der Truppe, die eilig von den Urlaubsstränden dieser Welt eingeflogen werden musste. Ganz so stimmt das offenbar nicht, denn immerhin hatten sich die meisten Spieler ohnehin versammelt, um der ehemaligen Sowjetunion, die als »Gemeinschaft unabhängiger Staaten« (GUS) antrat, vor dem Turnier als Sparringspartner zur Verfügung zu stehen. Und doch verwies man gern darauf, dass man konditionelle Defizite habe – und das Team sich ohnehin überwiegend von Cola und Big Macs ernähre.
Die Strategie ging auf: Nach und nach wurde klar, wie gut diese Mannschaft wirklich war – und als sie schließlich das Finale erreichte, war Weltmeister Deutschland haushoher Favorit. Womit dann aber kaum jemand rechnete: Dänemark besiegte das Team von Berti Vogts nicht einfach, sondern es dominierte. Am Ende hieß es 2:0 in Göteborg. Ikonisch war der Torjubel der Dänen nach dem zweiten Tor durch Vilfort, ein Berg aus jubelnden Spielern.
2012: Den Lauf durchgezogen
Nach dem EM-Finale 1992 dauerte es volle 20 Jahre bis sich Deutschland und Dänemark wieder in einem Pflichtspiel gegenüberstanden. Bei der EM in Polen und der Ukraine bekam man es in der Gruppenphase im dritten Spiel miteinander zu tun. Auch diesmal war Deutschland der Favorit und führte die Gruppe an, aber auch Dänemark hatte noch Chancen aufs Weiterkommen.
Das Spiel in Lwiw verlief eng, die Führung durch Podolski glich Kroh-Dehli noch in der Anfangsphase aus. In der 80. Minute schließlich ersprintete Lars Bender einen Pass von Mesut Özil und erzielte seinen ersten Länderspieltreffer. Nach dem 2:1-Sieg gab es Lob vom Bundestrainer: »Das Spiel stand auf Messers Schneide, aber er hat den Lauf durchgezogen und macht das Tor dann in höchster Ruhe«, sagte Jogi Löw. Für Dänemark war das Turnier damit vorbei, Deutschland scheiterte im Halbfinale an Italien.
2021: Das jüngste Spiel
Zum bisher letzten Mal trafen Deutschland und Dänemark vor drei Jahren in einem Freundschaftsspiel aufeinander. Sieht man sich die Bilder an, die leeren Ränge im Hintergrund, ist man gleich wieder in einer anderen Welt – Corona zog durch Europa und die Welt.
Das Spiel selbst endete 1:1, feiern konnte am Ende niemand. So viel kann man sagen: Das wird diesmal anders sein.
